„When you’ve flown as far as you can, you’re halfway there!“
Die kleine Schleiereule Soren ist völlig fasziniert von den Geschichten seines Vaters um die Wächter von Ga’Hoole, die in Zeiten der Dunkelheit für Recht und Ordnung sorgen. Eines Tages fallen er und sein Bruder Kludd aus dem Baum und werden prompt entführt. Ihre Entführer arbeiten für die Organisation der Reinsten, einer Gruppe, die sich um den finsteren Eisenschnabel schart, der nur eines im Sinn hat: Die Wächter, die ihm seinerzeit die schmerzlichste Niederlage zugefügt hatten, zu erledigen. Soren gelingt die Flucht aus den Fängen der Reinsten und gemeinsam mit einigen Freunden begibt er sich auf die Suche nach den Wächtern, um Eisenschnabels finstere Pläne endgültig zu durchkreuzen…
Nach blutigen Genreerfolgen wie „300“ oder „Watchmen“ wagte sich der frischgebackene Superman-Regisseur Zack Snyder völlig unerwartet nun an einen Animationsfilm und verfilmt dazu eine Buchreihe über kämpfende Eulen. Die fünfzehnteilige Buchreihe „The Owls of Ga’Hoole“, an deren ersten drei Bänden sich The Legend of the Guardians: The Owls of Ga’Hoole orientiert, stammt aus der Feder von Kathryn Lasky, und ist bei englischsprachigen Kinder und Jugendlichen eine beliebte Alternative zu Harry Potter und Co. Somit bleibt sich Snyder zumindest in einem Punkt treu, wenn er erneut ein Fantasyabenteuer auf die Leinwand zaubert. Zur Seite steht ihm dabei dasselbe Animationsstudio, das bereits mit „Happy Feet“ Pinguine zum Tanzen gebracht hatte, und für Furore an den Kinokassen sorgte. Der Stil der Animationen ist unverkennbar und das unbestrittene Highlight des Films.
Wer von den Pinguinen in „Happy Feet“ begeistert war, den werden die Kriegereulen regelrecht umhauen. Aus verschiedensten Eulenrassen mischt sich der Film eine unterschiedliche und durch die aufwändigen Animationen unglaublich lebendig wirkende Figurenpalette zusammen, von der heldenhaften Schleiereule (oder Tyto) bis zum (un)musikalischen Kauz. Zum ersten Mal seit „Avatar“ ist die 3D-Technologie ausserdem jeden einzelnen Rappen (meinetwegen auch Cent) wert, den man beim Kinoticket draufgezahlt hat. War die 3D-Aufarbeitung bei Filmen wie „Alice in Wonderland“ oder „How to train your Dragon“ zwar ganz nett, zeigte aber nicht viel Neues, so lebt dieser Film von den Bildern, die man durch die Brille zu sehen kriegt. Wassertropfen werden aufgewirbelt und Eulen schwingen sich scheinbar auf den Zuschauer zu und steigern so die Unterhaltung um ein Vielfaches.
Doch trotz optisch ohne Frage gelungener Aufmachung bleiben viele Figuren ziemlich eindimensional. Gerade Kludd, Sorens verräterischer Bruder, wirkt ziemlich unglaubwürdig, vorallem was den Verrat an seinem Bruder betrifft. Seine Beweggründe werden nur ansatzweise beleuchtet und gehen in der ganzen Hektik um Soren unter. Aber auch Gylfie oder der legendäre Ezylryb (irgendwie klang sein Name im Film ganz anders) kommen zu wenig zu Geltung, man kann schlecht oder gar nicht mit diesen Figuren mitfühlen. Dafür ist der Protagonist, der Träumer Soren eine Figur, die man rasch ins Herz schliesst, und der man gerne auf seiner Reise folgt. Die komischen Sidekicks, die beiden Käuze Digger und Twilight, haben die Lacher mit ihren, ähm, musikalischen Einlagen und den Eulenwitzen (die im englischen garantiert anders sind!), rasch auf der Seite, und das ohne Slapstick und Tollpatschigkeit.
Und doch lässt einen das Gefühl nicht los, dass der Film mal gar nicht für Kinder konzipiert ist, dagegen sprechen nur die optisch niedlichen Eulen und die kurze Laufzeit von 90 Minuten. Letztere führt dazu, dass die Filmstory rasch vorwärts geht, oft etwas gar schnell, sodass man noch gerne an einem Ort geblieben wäre oder einer Figur zugesehen hätte. Dadurch vermeidet der Film aber auch, dass Langeweile aufkommt, und so bleibt er von Anfang bis Ende spannend. Snyder gelingt es zudem, zahlreiche Klischees von Animationsfilmen der letzten Jahre aussen vor zu lassen und mit der einen oder anderen unerwarteten Wendung aufzuwarten. Trotzdem schleichen sich einige unvermeidbare „Das war ja klar, dass das kommen musste!“-Momente ein, die den doch sehr komplexen Film den Kindern zuliebe etwas zu vereinfachen versuchen scheinen. Doch für die ist die Komplexibilität des Films die kleinste Sorge, soviel sei gesagt.
Hinter der Maske eines Kinderfilms versteckt sich eine überhaupt nicht kindergerechte Story, die gerade gegen Ende jedes Kind einen Horrortrip durchmachen lässt. Ein epischer Endfight in (weiss Gott warum) brennenden Bäumen und Folterszenen treiben jedem Knirps die Tränen in die Augen, und vom düsteren Eisenschnabel und dessen Schergen wollen wir gar nicht erst reden. Was sich Snyder bei seiner Verniedlichung einer Mischung aus „300“ und „Herr der Ringe“ gedacht hat, interessiert mich so sehr, wie die Frage, warum der Film ab sechs freigegeben ist. Aber nicht nur die Bilder und Szenen sondern auch die Story an sich, die viele Querverweise auf den Nationalsozialismus aufweist, ist alles andere als okay für die Kinder, die sich wahrscheinlich schreiend in den Sesseln wälzen, während der etwas ältere Zuschauer seine helle Freude an dieser reduzierten Version von „300“ hat.
Untermalt werden die Schlachtszenen vom martialisch-epischen Soundtrack des Australiers David Hirschfelder („Elizabeth“, „Australia“), der sich nie in der Vordergrund drängt, aber dennoch seinen beachtlichen Teil zur Filmfreude liefert. An seiner Seite, und ich würde den Verantwortlichen dafür am Liebsten heiraten, ist der Sänger Owl City, der zwei Tracks beisteuert. Einer davon ist das Titellied „To the Sky„, den zweiten konnte ich nicht erkennen und im Internet findet sich auch nichts darüber.
„The Legend of the Guardians: The Owls of Ga’Hoole“ ist wirklich gut, nur überhaupt nichts für Kinder. Trotz kleinerer Schwächen ist dieses Eulenepos, der höchstwahrscheinlich eine Fortsetzung findet, nur zu empfehlen, für alle, die sich gern etwas leichter unterhalten lassen, ohne ganz auf Fun und Action zu verzichten. Für Eulenfans ist der Film natürlich sowieso ein Muss. 😉
Desweiteren sind die je sieben Gründe gegen und für den Film, die Moviepilot.de aufgelistet hat, zu empfehlen, denn auf beiden Listen findet sich Wahres, und zum Schmunzeln gibts auch so genug.