Go to hell! – Where do you think I came from?
Die letzten beiden Filme, die ich im Kino gesehen habe, waren Western. Dabei wäre eigentlich geplant gewesen, dass die letzten beiden Filme, die ich im Lichtspieltheater geschaut habe, jene beiden mit den meisten Oscar-Nominationen sind. Nach „True Grit“ wollte ich mir ursprünglich nämlich den frischgebackenen Oscar-Preisträger „The King’s Speech“ zu Gemüte führen, doch im „frischgebacken“ lag dann auch die Tücke – Entsprechend viele Leute wollten sich diesen Film ebenfalls im Kino anschauen, sodass bei unserer Ankunft noch zwei Tickets zu haben… oh, schon weg! Blieben noch der schwarze Schwan, den meine Begleitung bereits gesehen hatte, und das durchgeknallte Chamäleon – auf Rango fiel dann auch die Wahl.
Vorhang auf für ein Bilderbuchdrama im Terrarium – und mittendrin Rango, ein Chamäleon mit Schauspieltalent. Doch durch einen unglücklichen Unfall wird der angehende Mime Rango jäh aus seinem Alltag gerissen und landet im abgelegenen Kaff Dirt, dem es ziemlich so geht, wie der Name schon sagt. Denn seit geraumer Zeit fehlt dort das Wasser, und wer das Wasser hat, hat Macht. Als Rango aufgrund einer eher zufällig begangenen Heldentat zum Sheriff gemacht wird, schöpfen die Bewohner von Dirt Hoffnung, die Rango mit angeblich vollführten Meisterstücken zudem weiter schürt. Doch Ruhe ist damit in Dirt längst nicht eingekehrt, im Gegenteil – das verwirrte Chamäleon blickt wilden Zeiten entgegen!
Schaut man sich Rango an, so sieht man eine Mischung aus Donald Duck und Jack Sparrow – verantwortlich dafür ist Johnny Depp, der dem Chamäleon mit seiner Stimme die nötige Portion Durchgeknalltheit einhaucht. Nicht dass die Animationen (die erst nach dem Voicing gemacht werden) dies nicht bereits deutlich genug gemacht hätten, aber Depp gibt Rango noch die nötige Portion Deppness. Daneben geht Beans, der weibliche Part des Films, gesprochen von Isla Fisher, ziemlich unter, was neben Depp zwangsläufig zu passieren scheint. Mehr als „die Dame für die sich der Protagonist erstaunlicherweise zu interessieren scheint“, und „die Dame, die es zu retten gilt“, liegt nicht drin.
Dafür gefallen die Bad Boys, allen voran Davy Jones himself, Bill Nighy, der seine unverkennbare Stimme der teuflischen Klapperschlange Jake leiht, und damit seinen nach „Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1“ ziemlich gesunkenen Goodwill bei mir wiederherzustellen weiss. [Aber auch Ned Beatty, der nach dem Lotso-Huggin‘ Bear seinen zweiten Animationsantagonisten in kurzer Zeit mimt, haucht Bürgermeister John mit seiner Stimme fieses Leben ein]. Erwähnt sei an dieser Stelle auch noch Alfred Molinas leider viel zu kurz geratener, aber nichtsdestotrotz äusserst positiv in Erinnerung gebliebener Auftritt als weises Gürteltier.
Etwas enttäuschend ist nach diesen netten Worten für die Sprecher die Story. Diese ist mit ihren diversen Anspielungen auf Popkultur, Western, selbige Klischees und grosse Revolverhelden zwar durchaus gelungen, verwirrt aber im ersten Teil zu sehr. Gegen den Schluss kann sie Regisseur Verbinski zwar in ziemlich geordnete und nicht ganz so ausufernde Bahnen, wie noch zu Beginn, lenken, den (zwar nur ziemlich kleinen) Kratzer im Lack kriegt er damit aber nicht ganz weg. Was man ihm aber gutschreiben kann, ist wie er den Zuschauer immer wieder zu überraschen weiss. Erstaunliche Wendungen, wie man sie aus dem klassischen Western kennt, finden sich auch hier, und so bleiben die Beweggründe des Bösewichts auch bis zuletzt nicht ganz klar. Eine richtige Auflösung derselben sucht man jedoch auch dann noch vergeblich, denn Verbinski gibt dem Zuschauer Andeutungen und lässt diesen das Ganze selbst zusammenreimen. Ein bisschen schade, immerhin bleibt uns dafür der altbekannte Bösewichtsmonolog erspart.
Nach „The Legend of the Guardians: The Owls of Ga’Hoole“ ist dies, und das sollte betont werden, der zweite Animationsfilm, den ich Kindern eher weniger empfehlen möchte. War bei ersterem noch der eher düstere Ton des Films dafür verantwortlich, so ist es hier der komplexe Plot, und das rauhe Westernflair der Grund, dass dieser Film für Kinder weniger spannend sein dürfte. Ironischerweise stammt dieser Film aber aus dem Hause Nickelodeon, eine Produktionsgesellschaft, die eigentlich für kindertaugliches TV-Programm bekannt ist. Ihre einzige bisherige PG-13-Wertung galt tatsächlich auch einem Teenage-Liebesfilm (J’accuse, prüdes Amerika!), doch auch hier, wäre diese nicht ganz unangebracht gewesen, obwohl ich denke, dass ein Kind den Besuch noch überleben würde. Es würde sich vermutlich einfach langweilen.
Überhaupt nicht langweilig dagegen, und das ist bei einem auf Kinder zugeschnittenen Animationsfilm rasch passiert, ist die Musik. Oder besser gesagt, die gesungenen Titel der Mariachi-Band, die den ganzen Film erzählt und kommentiert. Hans Zimmers Hintergrundgedüdel geht nach einigen Minuten nämlich bereits die Puste aus, was aber nicht erstaunt, muss es sich doch gegen vier singenden Eulen behaupten, ein Unterfangen, das ihm zum Glück nicht gelingt. Denn die vier Eulen sind nicht nur optisch der Brüller, auch ihre Lieder, die den Film untermalen und immer wieder auf das drohende Ende des Lizards hinweisen, gefallen mir gut. Und wenn der Bandleader die E-Gitarre auspackt und die Verfolgungsjagd der „Dirtonians“ saitenzupfend untermalt, ist es definitiv um mich geschehen, und ich bin überzeugt, auch um den ein oder anderen Leser.
Rango ist ein gelungener Film, der gute Darsteller, einen netten Plot (mit nur wenigen Abstrichen), sowie einen genialen Soundtrack verbindet, und mit seinem Stil dort anknüpft, wo „True Grit“ erst kürzlich aufgehört hat. Der dreckige Western ist definitiv im neuen Jahrzehnt angelangt – trinken wir darauf einen Kakteensaft!