„If you guys were the inventors of Facebook, you’d have invented Facebook.“
Als ich 2008 von meinen kanadischen Freunden dazu genötigt wurde, mich bei Facebook anzumelden, ahnte ich noch nicht, dass die Plattform einmal so ein grosses Ding wurde. Doch in den folgenden Jahren nahm das Interesse am Netzwerk für Narzissten und solche, die es werden wollen, stetig zu. Als Resultat dieses schier unaufhaltbaren Siegeszugs, quasi den filmischen Trittbrettfahrer, erachtete ich auch den Film The Social Network, über die Geschichte von Facebook. Doch ich sollte mich täuschen, denn der Film lief nicht nur sehr gut, er staubte auch einen Award nach den anderen ab – der Oscar blieb ihm, zumindest in den „grossen“ Kategorien, dagegen verwehrt.
2004 eröffnet Harvard-Student Mark Zuckerberg eine Seite auf der man Bilder von Studentinnen vergleichen kann, was ihn in Ungnade bei der Frauenwelt stösst. Doch der durchschlagende Erfolg der kurzlebigen Seite bringt ihn auf der Radar der Winklevoss-Zwillinge, die ihn dazu engagieren möchten, ein soziales Netzwerk für sie zu programmieren. Mit seinem Freund Eduardo baut er ein eigenes solches Netzwerk auf und zieht damit den Zorn der Winkelvoss‘ auf sich. Doch die Eigendynamik von Facebook ist nicht zu stoppen und mit ihr treten zwielichtige Gestalten auf den Plan.
Die Ausgangslage ist eigentlich so simpel: Mark Zuckerberg mag man nicht. Seine Freundin macht Schluss mit ihm, weil er sie von oben herab behandelt, und die Frauen hassen ihn, weil er sie gedemütigt hat. David Fincher baut den Film stellenweise wie ein klassisches Drama auf – mit dem zunehmenden Erfolg Facebooks wird der junge Unternehmer immer unausstehlicher. Man sieht gleichzeitig gespannt und angewidert zu, wie Mark Zuckerberg gekonnt mit seinen Gegenspielern, aber auch seinem Umfeld und seinen Freunden spielt. Die Rahmenhandlung dazu bietet eine Verhandlung mit den Winklevoss-Brüdern, die sich geistigen Eigentums beraubt fühlen, und Eduardo Saverin, der sich betrogen fühlt. In Rückblenden erfahrt man nach und nach die Geschichte, und den Grund, warum die Freundschaft von Mark und Eduardo bachab ging.
Dass man diesen Kerl aber nicht durchwegs hasst, liegt sicher daran, wie Fincher ihn behandelt, aber auch, wie ihn Jesse Eisenberg spielt. Er gibt sich keine Blösse, zu zeigen, wie verletzt Zuckerberg ist, das beste Bild davon zeigt mit Sicherheit die Schlussszene, in der Zuckerberg alleine in einem Büro sitzt, und verzweifelt versucht, einen Fehler wiedergutzumachen. Und so schält sich aus diesem Facebook-Pokerface immer mehr der Mensch Zuckerberg, der eigentlich nur von seinem Umfeld beachtet werden will, damit aber mehr Unheil anrichtet, als dass er seinem Ziel effektiv näherkommt. Nicht nur Eisenberg gefällt, auch die Nebendarsteller sind gut gewählt, Andrew Garfield und Armie Hammer (und ein bisschen Ra’s Al Ghul in spe Josh Pence) gefallen in den Rollen von Eduardo Saverin respektive den Winklevoss-Zwillingen und können mit gutem Gewissen als Hoffnungen für die Zukunft bezeichnet werden.
Egal ob man Facebook nutzt oder nicht – David Finchers Drama über die Entstehung des Netzwerks gefällt so oder so. Der Kultregisseur erzählt eine spannende Story über Freundschaft und Verrat, die weit über das Thema des sozialen Netzwerks hinausgeht, und die am besten durch die Tagline des Films zusammengefasst werden kann: „You don’t get to 500 million friends without making a few enemies.“