„You have been on this island for 80 days, John. I have been here my entire life. So what makes you think you know this island better than I do?“
Die Hälfte von LOST, der besten TV-Serie die ich in meinem noch jungen Leben gesehen habe, hätte ich damit dann auch durch. Immerhin habe ich nicht ein Jahr gebraucht, wie zwischen Staffel 1 und 2, aber auch hier verging etwas Zeit, die ich dafür mit bis zu vier Folgen pro Tag aufzuholen versuchte. Hätten die Staffeln Taglines, dann enthielte die Tagline irgendwo den Namen „The Others“ – denn die Staffel rückte die bislang noch nicht wirklich gross thematisierten Anderen ins Scheinwerferlicht.
Wer Spoiler scheut, ist hier richtig. Sofern er masochistische Neigungen besitzt.
Nach der Explosion der Luke und der Gefangennahme von Jack, Sawyer und Kate weht ein anderer Wind im Lager – John Locke befürchtet, dass ihm die Insel das Geschenk des Gehens wieder abnehmen könnte und Desmond sieht seither die Zukunft, in der Charlie immer wieder stirbt. Es dauert aber nicht lange, bis die Gefangenen zurückkehren können, doch Jack hat sich in Juliet, eine der anderen verguckt und bringt sie ins Lager, wo sie nicht gerade mit Freude empfangen wird. Und tatsächlich wird sie für das Schicksal einiger Lagerbewohner noch eine wichtige Rolle spielen.
Wenn es um Staffelstarts geht, dann verstehen die Macher von LOST ihr Handwerk – Die Pilotfolge zählt zum Besten, was am TV je zu sehen war, und auch die zweite Staffel wusste es, mit dem richtigen Sound, Look und einer Prise „WTF?“ aufzuwarten. Die dritte Staffel wird passenderweise mit den Anderen eingeführt, deren Camp und Leben zum exakten Zeitpunkt des Flugzeugabsturzes (den man unter den gezeigten Umständen so leicht wahrscheinlich nicht überleben dürfte, aber hey es ist LOST!) gezeigt wird. Leider verliert die Serie nach dem Ende des Gefangennahme-Arcs, also etwa ab Folge 4 ein bisschen an Drive, Episoden werden einzeln aneinandergereiht, und auch der Plot geht nur mühsam voran.
Spannend wird es dann erst wieder, als sich Locke den Anderen anschliesst und dabei nicht nur Sawyer hinters Licht führt, sondern auch Benjamin. Wobei dieser meist schon damit gerechnet hat und Locke ebenfalls für seine Zwecke manipuliert. Die von Michael Emerson gespielte Figur ist eine enorme Bereicherung zum Seriencast und ich verstehe wirklich nicht, warum Emerson nun immer noch am schauspieltechnischen Hungertuch nagt – der Mann schöpft sein unglaubliches Potential immer wieder aus und gibt damit einen auf den ersten Blick harmlosen Kerl, der einem aber, sobald man sich umdreht, den Dolch in den Rücken rammt. Mein Favorit ist aber nichtsdestotrotz ein anderer – der Schotte Desmond Hume, der ab Staffel 2 in die Serie kam und seither eine der tragischeren Figuren ist, zumindest, was seine Vergangenheit betrifft.
Das Finale schliesslich verspricht viel, hält aber wenig – es gibt wenig Spannung, oder Action, und gerade wenn man denkt, dass das Finale in Fahrt kommt, macht Hurley wieder einmal alles zunichte. Die Geschichte über den Überfall des Lagers wird viel zu wenig ausgenutzt, um eine interessante Ausgangslage zu schaffen, lediglich der Subplot um Charlie gefällt durch Tragik und eine angenehme Charlie-Prise Humor – dagegen wirkt auch der recht offensichtliche erste Flashforward der Serie ziemlich plump. Jetzt darf man aber nicht annehmen, dass mir Staffel 3 nicht gefallen hat. Dass mir auch die schwächelnden Folgen trotzdem gefielen, weil auch sie gut geschrieben waren und zudem spannende Einblicke in die Vergangenheit der Figuren boten, ist Ehrensache. Nur fehlte der Staffel halt dieser kontinuierliche Drive, der die Vorgänger zum Erlebnis gemacht hatte.