„Does it concern you that your daughter’s just ran away from home?“ – „That’s a loaded question.“
Ich bin nicht wirklich vertraut mit dem Kino von Wes Anderson… was heisst „nicht wirklich“, überhaupt nicht. Seine nunmehr siebente Regiearbeit Moonrise Kingdom (und die sechste Kollaboration mit Bill Murray) ist damit der erste Film des amerikanischen Regisseurs für mich. Dass er für eine solche Produktion mal eben Grössen wie genannter Bill Murray, Bruce Willis, Edward Norton, Frances McDormand und Tilda Swinton gewinnen kann, dürfte eigentlich schon deutlich genug für die Qualität von Anderson sprechen. Doch das letzte Wort hat immer noch der Film selbst.
Es ist ein Sommer im Jahr 1965, als der zwölfjährige Khaki-Pfadfinder Sam beschliesst, aus der Pfadi auszutreten, und sich mit seiner heimlichen Liebe Suzy aus dem Staub zu machen. Diese wiederum ist ähnlich unglücklich mit der aktuellen Situation und wird von Depressionen geplagt. Doch von der Insel, auf der sie sich befinden, kommt man so leicht nicht weg, erst recht nicht, wenn man die halbe Bevölkerung der verschlafenen Insel auf den Fersen hat.
Wes Anderson scheut sich nicht, seine liebevoll erzählte Story über die erste Liebe mit schrulligen Ideen und viel subtilem und augenzwinkerndem Humor zu würzen. Dabei verliert er den Plot nicht aus den Augen, sondern überlässt die Ausführung seiner komischen Ideen dem gut aufgelegten Cast. Bruce Willis, Frances McDormand und Bill Murray spielen grossartig und selbstironisch, und schaffen es, zusammen mit den beiden Jungdarstellern, gleichzeitig seriös und lächerlich zu wirken. Edward Norton gibt zudem den lieben, aber nicht wirklich ernstzunehmenden Pfadikommandanten, der am meisten unter der ganzen Geschichte zu leiden hat – auch ironisch, ist er doch die einzige Erwachsenenfigur, die nicht in irgendeiner Weise nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.
Moonrise Kingdom darf man jetzt aber nicht einfach als eine nette Komödie abstempeln, es ist vielmehr ein Coming of Age-Drama, das sich selber nicht allzu ernst nimmt. Dennoch gelingt es dem Regisseur den Spirit der 60er gekonnt einzufangen – nicht nur durch seine angenehm altbackene Polaroid-Optik, sondern auch durch den zeitgemässen Sound von Hank Williams und Alexandre Desplat. Letzterer liefert mit seinen verspielt-martialischen Klängen nicht nur einen der besten Soundtracks, die ich von ihm gehört habe, er übernimmt auch eine gewisse Erzählfunktion, vorallem dann, wenn Anderson nur auf Bild und Musik setzt – was einige der besten Szenen des Films hervorruft. Und so verdient der französische Komponist auch die Ehrung, die ihm im Abspann zuteil wird, und für die man unbedingt sitzenbleiben sollte.
Ich habe das Glück, mit Moonrise Kingdom (der ja ein bisschen die Ami-Version von Mein Name ist Eugen ist) meinen ersten Wes Anderson-Film gesehen zu haben. Wenn seine restlichen Filme wirklich so gut sind, wie alle sagen, dann werden mich die wohl umhauen – sollten sie aber schlecht sein, dann habe ich den besten Film immerhin unvoreingenommen sehen dürfen, was ja auch gut ist. Aber irgendetwas sagt mir, dass die anderen Filme auch gut sind, denn von einem Regisseur mit solch einem Erzähltalent, kann nichts Schlechtes kommen.