„When somebody asks me a question, I tell them the answer.“
Slumdog Millionaire war damals die Kinoüberraschung schlechthin. Niemand hatte den Film wirklich auf der Rechnung, selbst die Filmverleiher schoben die Rechte hin und her – letztlich lohnte es sich aber, denn der Film war bei den Kritikern und den wichtigsten Preisverleihungen ein Grosserfolg und zählt auch finanziell zu den erfolgreichsten Oscar-Gewinnern – was will man da noch mehr? Ach ja genau, eine gute Kritik von meiner Seite. Nun, die wird es geben. Nach dem Klick.
Jamal Malik sitzt auf dem heissen Stuhl in der Sendung „Who Wants To Be A Millionaire?“ und beantwortet Frage für Frage korrekt. Dabei stammt er aus der unteren Schicht und ist als sogenannter „Chai Wallah“ auch nicht wirklich gebildet – aber er hat in seinem Leben schon so viel erlebt und gesehen, dass er auf jede Frage eine Antwort hat. Doch nicht alle wollen Jamal Gutes, sodass sein Ziel, seine Jugendfreundin Latika endlich wieder zu finden, immer wieder in weite Ferne rückt. Aber Jamal verliert Latika nie aus den Augen und je länger, je mehr wird auch klar, was Jamal in dieser Sendung überhaupt verloren hat…
Die lose Buchverfilmung Slumdog Millionaire vereint an allen Enden die beiden Extreme der idealistischen westlichen Welt und Indiens, von Hollywood und Bollywood, reich und arm. Im so passend als „Land der zwei Gesichter“ bezeichneten Indien gehen die Gegensätze Hand in Hand, und auch der Film spart nicht an solchen, sondern ist eine einzige Achterbahnfahrt der Gefühle. Inmitten all der Tragik zeigt Danny Boyle schöne Sequenzen voller Hoffnung für die Figuren, und kaum findet man sich mit diesen zurecht, folgt bereits wieder der nächste Schicksalsschlag. Dabei erzählt der Film beides glaubhaft, vorallem, weil er nichts unnötig schönredet, die Kinder genausowenig zu Engeln macht, wie die „Bösen“ einfach nur böse sind.
Der Kontrast zeigt sich auch in der Darstellerwahl – die Protagonisten sind (zu diesem Zeitpunkt) eher unbekannte Namen, während man für die Nebenrollen bereits in Hollywood etablierte Namen wie Irrfan Khan oder Anil Kapoor engagierte. Alle machen einen grossartigen Job und begeistern in ihren Rollen, die mit Sicherheit keine schauspielerischen Höchstleistungen erfordern, dafür aber genau jenes Feuer, das die Darsteller mitbringen. Der relevantere Schauwert des Films ist aber die Optik – Slumdog Millionaire punktet nicht nur durch die liebevolle Story, sondern auch die umwerfenden Bilder, die Danny Boyle einfängt und mit denen er die (manchmal auch tragische) Schönheit Indiens zeigt. Dazu kommt der zurecht Oscar-prämierte Soundtrack von A.R. Rahman, der dem Film eine ungeahnte Tiefe verleiht.
Slumdog Millionaire ist weder ein wirklich tiefschürfender Film, noch ein Streifen, der Dinge grundlos beschönigt. Er ist ein bisschen beides, und auch wenn diese Zwiespältigkeit sonst eher als Kritikpunkt ausgelegt werden dürfte, in diesem Fall funktioniert sie – vermutlich, weil kaum ein anderes Land derart kontrastreich ist, wie Indien, und sich deswegen eine Tellerwäscher-Millionär-Geschichte bestens anbietet. Mit seinen umwerfenden Bildern und dem passenden Soundtrack hat der Film zudem noch zwei weitere Asse im Ärmel.