„Dieses Verfahren muss weg. Das Mädchen muss weg, und zwar schnell.“
Til Schweiger hat bekanntlich ja ein gespanntes Verhältnis zur Presse, was mitunter zur Folge hat, dass er die Presse nicht mehr in seine Filme lässt, und nur noch soviele Interviews gibt, wie er muss. Am Zurich Film Festival cancelte er deswegen eine Vorführung nach der anderen, und zeigte seinen neuen Film Schutzengel nur einem ausgewählten Publikum, bevor er dann auch gleich noch selber absagte, weil er einen Zusammenbruch erlitten hatte. Vermutlich hat er diesen beim Anschauen seines eigenen Films erlitten, ich jedenfalls war auch kurz davor, die Nerven zu verlieren.
Das Waisenmädchen Nina wird Zeugin, wie ihr Freund vom Bodyguard von Thomas Backer, einem angesehenen Geschäftsmann, erschossen wird. Obwohl Nina im Zeugenschutzprogramm steht, spüren sie von Backer angeheurte Auftragskiller auf. Nur mit der Hilfe von Max, einem ehemaligen KSK-Soldaten, kann sie fliehen – doch Backers Häscher sind ihnen dicht auf den Fersen…
Es ist vermutlich einfacher, aufzuzählen, was an Schutzengel gut ist, als zu nennen, was nicht gut ist. Moritz Bleibtreu bringt mit seinem Auftritt als beinamputierter Rudi frischen Wind in den Film, und sorgt für eine verhältnismässige Tiefe sowie den ein oder anderen Lacher. Solche gibt es in diesem Film tatsächlich, auch wenn anfängliche Versuche, wie etwa Axel Steins Furzwitze definitiv ihr Ziel verfehlen. Stein ist aber, wie Oliver Korittke, Aleksandar Jovanovic oder Moritz Bleibtreu, verschwendetes Potential, das dem gewohnt unterdurchschnittlich aufspielenden Schutzengel Til Schweiger Platz machen muss. Hätte Schweiger auch anderen Darstellern etwas Raum gelassen, wäre sein Film vielleicht noch erträglich gewesen.
Doch Schweiger wollte, dass Schutzengel wieder ein Familienfest wird, und steht mit Tochter Luna als pubertierendes Waisenkind vor der Kamera. Dass sie vom Schauspielern keine Ahnung hat, ist Ehrensache, denn der Vater kann es ja auch nicht. Und so leidet man als Zuschauer durch 130 lange Minuten, in denen Schweiger so etwas wie eine Geschichte erzählen möchte. Was er aber tatsächlich tut, ist einen hanebüchenen und vorhersehbaren Plot zu spinnen, der ebensoviele Klischees wie Logiklöcher enthält und zu keinem Zeitpunkt überzeugt. Selbst die Action ist unglaubwürdig und ätzt durch die vielen Slow Motions nur noch.
Mit dieser Review werde ich wohl auch auf Schweigers Schwarzer Liste der bösen Reviewschreiber stehen. Sei’s drum, ich kann einen schlechten Film nicht einfach so gut bewerten. Denn Schutzengel ist schlecht. Ein überlanger und unglaublich langatmig, weil kitschiger Film, der sämtliche Klischees des Genres abspult und einfach nur langweilt. Ich verstehe wirklich nicht, wie man auch nur in Erwägung ziehen konnte, diese filmische Bruchlandung als deutschen Beitrag an die Oscars zu schicken.