„You want to protect the world, but you don’t want it to change. You’re all puppets, tangled in strings… strings!“
Tony Stark will nicht, dass sich das Fiasko von The Avengers und der Schlacht von New York wiederholt. Aus diesem Grund schafft er Ultron, einen übermächtigen Roboter, der die Menschheit vor Bedrohungen beschützen soll. Nur dumm, dass Ultron überzeugt ist, dass die Avengers die grösste Bedrohung für die Menschen darstellen. Avengers: Age of Ultron ist die Fortsetzung zum erfolgreichsten Superheldenfilm aller Zeiten, die wie der erste Teil, unter der Regie von Joss Whedon entstand. Was mit dem fehlenden Artikel in der Titelbezeichnung des Filmes passiert ist, weiss niemand so recht.
Als nach dem Grosserfolg von The Avengers sofort eine Fortsetzung angekündigt wurde, war ich nicht nur vorfreudig, ich war auch skeptisch. Natürlich hatte ich damit gerechnet, dass ein weiterer Teil kommen würde, doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass man den letzten Film noch irgendwie toppen könnte. Doch genau dies ist Joss Whedon mit Avengers: Age of Ultron gelungen. Der Regisseur schafft es, trotz der schieren Unüberschaubarkeit des Marvel Cinematic Universe einen relevanten und dennoch kurzweiligen Actionfilm zu kreieren, der längst nicht nur die verbissenen Nerds anspricht. Vermutlich muss man sich den Film aber nicht in 3D ansehen – die schnellen Schnitte und hektisch inszenierten Action-Sequenzen werde schnell ziemlich anstrengend, und einen wirklichen Mehrwert gibt es durch diese Technik nicht.
Stand Loki im letzten Film noch sechs Superhelden gegenüber, so bekommt es der fiese Ultron in diesem Film nun mit deren zehn zu tun. Zwei Neuzugänge sind die Geschwister Maximoff: Pietro alias Quicksilver ist unglaublich schnell, seine Schwester Wanda kann als Scarlet Witch die Realität verändern und Mitmenschen manipulieren. Gespielt werden sie von Aaron Taylor-Johnson und Elizabeth Olsen, die in diesem Film deutlich besser harmonieren als sie das im Totalausfall Godzilla getan haben. Überhaupt glänzt Avengers: Age of Ultron durch das Zusammenspiel seiner Darsteller und die überzeugende Gruppendynamik – was bei zehn Haupt- und zahlreichen Nebenfiguren bei Weitem keine Selbstverständlichkeit ist. Nicht wirklich neu, aber dann doch ziemlich neu ist auch Paul Bettany, der seine Rolle als A.I. Jarvis nun ablegt und zum Superhelden Vision wird. Wie das möglich war, darüber möchte ich gar nicht zuviel verraten, aber soviel sei gesagt: Vision ist eines der grossen Highlights des Filmes.
Auffällig ist auch, wie sparsam Avengers: Age of Ultron mit Easter Eggs umgeht. Laut Whedon liegt das in erster Linie daran, dass er schlichtweg mit dem Film selber zu beschäftigt war, um Hinweise auf weitere Filme zu streuen (offenbar so beschäftigt, dass er keine Zeit für eine vernünftige Post-Credits-Sequenz hatte, I mean… really?). Doch die reduzierten Easter Eggs gehen völlig in Ordnung so – ich befürchtete bereits, dass dieser Film zu einem langen Trailer zu Captain America: Civil War verkommen würde. Es gibt leichte Andeutungen auf Spannungen zwischen Captain America und Iron Man, aber die gab es ja auch schon früher. Viel spannender ist, dass wir zum ersten Mal mit Wakanda zu tun haben, dem fiktiven afrikanischen Staat, der die Heimat von Black Panther ist. Dessen Gegenspieler Ulysses Klaw wird hier eingeführt – gespielt wird er von Andy Serkis, der mit seinem Auftritt beweist, dass er ein brutal unterschätzter Schauspieler ist. Alleine seinetwegen will ich mir Black Panther ansehen.
Mit Ultron bekommen wir zudem endlich wieder einen coolen Marvel-Oberbösewicht – nach den blassen Klischeefieslingen Ronan (Guardians of the Galaxy), Winter Soldier (Captain America: The Winter Soldier) und Malekith (Thor: The Dark World) ist das eine willkommene Abwechslung. Der zynische Roboter wird von James Spader gespielt, der ihm mit seiner sanften Stimme eine Bedrohlichkeit verleiht, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Wenn der halb zerschossene Ultron mit schwankender Stimme das Pinocchio-Lied singt, ist das einer von unzähligen Gänsehaut-Momenten, die dieser Roboter hervorruft. Der düstere Ton, den Whedon mit Avengers: Age of Ultron anstrebt, beisst sich jedoch ein wenig mit der erhöhten Gagdichte dieses Films.
Brian Tyler ist nach Iron Man 3 und Thor: The Dark World zum dritten Mal für die Musik eines Marvel-Films zuständig, und diesmal übernimmt er auch – als erster Komponist dieser Franchise überhaupt, die Themen seiner Vorgänger. Was habe ich mich gefreut, als in den Anfangsminuten das The Avengers-Thema von Alan Silvestri aus dem ersten Film ertönte! Doch mit zunehmender Laufzeit musste ich feststellen dass das ein Fluch ist, der Tyler vermutlich seinen Job gekostet haben dürfte. Bei all der Liebe für die alten Melodien fehlt seinem Score ein eigenes Etwas, das ihn erinnerungswürdig macht. Das war vermutlich der Grund, weshalb Marvel kurzerhand den mit Superhelden vertrauten Danny Elfman an Bord geholt hat, um ein Hybrid-Thema für die Avengers zu entwickeln und einige Tracks von Tyler auszubessern. Vergleicht man seine Beiträge mit jenen von Tyler, so dürfte es nicht überraschen, wenn Marvel in Elfman den neuen Hauskomponisten gefunden hat.
Avengers: Age of Ultron ist ein starker und witziger Action-Film, der es schafft, während zweieinhalb Stunden nie zu langweilen. Joss Whedons Film ist eine würdige Fortsetzung zu The Avengers, die das Marvel Cinematic Universe massgeblich verändert und uns eine spannende Zukunft prophezeit.