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SPECTRE (2015)

Spectre

„You are a kite dancing in a hurricane, Mr Bond.“

Eins vorneweg: Meine Review zum neuen James Bond-Film kommt (leider) nicht ohne Spoiler aus. Wer diese vermeiden möchte, soll sich lieber gleich den Film ansehen. Und dann wieder zurückkommen und weiterlesen.

SPECTRE beginnt klassisch: Nach 13 Jahren bringt Sam Mendes für das 24. James Bond-Abenteuer endlich wieder die klassische Gunbarrel-Eröffnungs-Sequenz zurück – was bei uns an der Premiere des Schweizer James Bond-Fanclubs mit tosendem Applaus quittiert wurde. Schon SkyFall wagte einen ersten Schritt zurück zum Bond-Flair der früheren Filme und wurde vom Publikum und der Kritik dafür belohnt – logisch, dass auch SPECTRE auf die „alte“ Erfolgsformel setzt. Um ganz sicherzugehen hat man zu diesem Zweck die titelgebende Organisation wiederbelebt. In den Büchern und alten Filmen machte dieser Geheimbund (Special Executive for Counterintelligence, Terrorism, Revenge and Extortion) 007 regelmässig das Leben schwer, bevor den Filmemachern in den 70ern die Rechte an der Organisation entzogen wurden. Erst vor zwei Jahren einigten sich die Produktionsfirma und die Erben des Rechteinhabers, sodass SPECTRE nun endlich wieder für Terror, Rache und Erpressung sorgen darf. In diesem Film tut sie das vorwiegend durch Terroranschläge, die die Regierungsvertreter der ganzen Welt wiederum dazu veranlassen, stärkere Überwachungsmassnahmen zu ergreifen. Da diese auch den MI6 ins Visier nehmen, steht plötzlich James Bonds berufliche Sicherheit auf dem Spiel – was ausgerechnet jetzt, wo er SPECTRE allmählich auf die Schliche kommt, ziemlich ungünstig ist.

Viel von dieser Organisation sehen wir im Film noch nicht. Dafür begegnen wir aber ihrem Kopf, dem mysteriösen Franz Oberhauser. Der von Christoph Waltz gespielte Bösewicht ist der Sohn des Mannes, der den jungen Bond nach dem Tod dessen Eltern bei sich aufnahm. Gewohnt charismatisch rückt Christoph Waltz‘ Fiesling seinem Adoptivbruder auf die Pelle. Es dauert nicht lange, bis sich der Perserkatzenfreund Oberhauser unter seinem richtigen Namen vorstellt: Ernst Stavro Blofeld. Wie schon bei Star Trek Into Darkness überrascht dieser Twist niemanden so richtig und trägt lediglich dazu bei, dass ich jetzt eine Spoilerwarnung brauche, was irgendwie auch schwachsinnig ist. Der charismatische Kopf von SPECTRE stellt sich Bond als Drahtzieher hinter den Machenschaften von Le Chiffre und Quantum in Casino Royale und Quantum of Solace vor. Er gibt zudem an, in Silvas Plan, M zu ermorden involviert gewesen zu sein. Hier zeigt sich ein bisschen die Verzweiflung der Drehbuchautoren, die die von ihnen geschaffene Organisation Quantum (damals als Ersatz für SPECTRE die man nicht nutzen konnte), jetzt irgendwie rechtfertigen müssen. Das geht soso lala auf, aber man nimmt es ihnen nicht lange übel.

SPECTRE hat andere Vorzüge, die einen die wirre und vollgepackte Story vergessen machen. Die packende Eröffnungssequenz am Dia de los Muertos ist eine der besten ihrer Art – und überhaupt stimmt in diesem Film die Action. Sam Mendes dreht hier voll auf und bietet rasante Verfolgungsjagden in Mexiko City, Rom, Sölden oder London. Das sind noch längst nicht alle Locations, die 007 in diesem Film besucht, womit klar sein dürfte, warum der Film soviel gekostet hat. Auch die Schauspieler können durchs Band weg überzeugen: Daniel Craig spielt den von der Vergangenheit eingeholten Bond mit einem Charme, den man in seinen ersten Filmen ein bisschen vermisst hat, während Léa Seydoux ein Bond-Girl spielt, das zwar noch immer gerettet werden muss, sich aber auch durchaus selber zu helfen weiss. Und natürlich ist hier auch Dave Bautista zu erwähnen, der als wortkarger Handlanger Mr. Hinx eine Wucht ist. Auch die Abteilung London, Ralph Fiennes, Naomie Harris und Ben Whishaw wird in diesem Film stärker in den Fokus gerückt und ich habe immer mehr Freude an diesem M, dieser Moneypenny und – ganz speziell – diesem Q.

Und trotzdem ist SPECTRE bei Weitem kein SkyFall. Das liegt sicher auch daran, dass der Film zu viel erklärt und zu wenig erzählt. Er muss erst die vergangenen Filme an die neue Storyline anpassen, bevor er dann eine irgendwie ziemlich gehetzte Geschichte über einen Überwachungsstaat und Datenkraken (pun intended) erzählen kann. Er wirkt dabei wie ein langer Trailer für einen richtigen Bond-Film, bei dem sich 007 und Blofeld dann ohne Mysterien und Geheimnisse aufs Dach geben. Denn darum wird es in den nächsten Filmen zwangsläufig gehen. Was an SPECTRE ebenfalls ziemlich ernüchternd ist, ist die Musik. Nicht nur Sam Smiths Writing’s on the Wall (das im Zusammenspiel mit dem Vorspann schon viel weniger nervt), auch der Score von Thomas Newman entlockt mir bestenfalls ein müdes Gähnen. Der Stammkomponist von Mendes rezykliert lustlos einen Grossteil seiner Themen für SkyFall, und verzichtet fast gänzlich darauf, Smiths Titelstück in den Score einfliessen zu lassen. Diese Arroganz resultiert in einem bedeutungslosen Score, den 007 nicht verdient hat.

In Kürze:

SPECTRE ist ein starker Bond-Film, der hält, was er verspricht. Während zweieinhalb Stunden bietet Sam Mendes gute Action, die von Kameramann Hoyte van Hoytema gut eingefangen wird. Christoph Waltz überzeugt als Bösewicht – trotz sehr wenig Screentime – während Daniel Craig die Hauptrolle gewohnt stark spielt.

Wertung:

4 von 5 Mickey-Mouse-Referenzen

  • donpozuelo

    Tja, da gehen unsere Meinungen dieses Mal komplett auseinander 😀

    Ich fand den irgendwie echt schwach. Die Action fand ich echt langweilig (bis auf Mexiko), die Story ging so und Waltz hat mich jetzt leider auch nicht so überzeugt. Der war mir einfach einmal mehr zu sehr Waltz…

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  • Dominik

    Die Wertung ist die selbe, die Meinungen gehen leicht auseinander. Ich fand diesen Bond ebenfalls gut und nicht großartig.

    Interessant finde ich deine Aussage zum Score, den ich interessanter und vor allem treibender finde als den von Skyfall.

    Dass Waltz genau DEN Charakter spielt war wohl den meisten Bond-Fans klar, ja. Ich hatte ja nur drauf gewartet, wann es endlich soweit ist. Und in der Tat, viel von SPECTRE bekam man ja nicht zu sehen. Dafür von M und Q und Co., auf die ich leider gar nicht einging – vermutlich waren sie mir zu egal zwecks dem Nebenstrang der totalen Überwachung, die so beiläufig wie uninteressant war. Eigentlich war vieles recht uninteressant und mitunter sehr lang. Der Film auf etwa 2 Std. gekürzt – das hätte ihm gut getan.

    Dennoch: Spaß hatte ich, vor allem erlitt ich mehreren Verkrampfungen zwecks selten enden wollender Spannung. Irgendwas hatte dieser Bond, man kann es nur nicht so genau benennen.

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  • Fox

    Hm, ja, die Handlung an sich war schon etwas lächerlich. Wären da nicht die sympathischen Nebencharaktere, würde das wohl noch mehr auffallen. Dennoch… ein schöner Bond-Film, der mir besser gefiel als Skyfall.
    Nur deine Theorie mit einer Fortsetzung finde ich etwas gewagt… denn ich vermute fast, in Sachen 007 steht nun der nächste Reboot ins Haus.

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  • Nicoletta

    Charme? Du meinst wie charmant er eine verängstigte Witwe in einer der sinnlossten Szenen im Film noch rasch im Bett vögelt? Ich find den Film nicht schlecht, aber die Szene war mal wieder so klassicher Bond cringeworthy. Zum Glück war Seydoux dann wesentlich besser. Ansonsten fand ich ihn bis zum Kometenloch so schaubar, aber nicht sonderlich spannend, weil einfach zu wenig Story da war (insofern stimm ich mit dir überein). Das Ende wiederum gefiel mir trotz der fehlender Logik, Waltz als Blodfeld macht Spass und dass das Team im Hintergrund was zu tun bekam finde ich eine tolle Neuerung.
    Ich vermute ein grosses Problem des Films ist, dass er viel zu lange probiert ein Geheimnis aus Blofeld zu machen, während das Publikum eh schon lange weiss, dass er da ist und das Waltz ihn spielt. Das wirkt so ein bisschen: „Guckt mal was für ein toooooolles Geheimniss wir hier haben!“ – „Jep, nein sorry, weiss ich schon lange, könnte ihr jetzt bitte zum Punkt kommen?“

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  • franziska-t

    @donpozuelo: Ging mir ganz genauso. Hier meine Kritik in ihrer ganzen Schönheit: https://filmkompass.wordpress.com/2015/11/06/james-bond-spectre-2015/

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  • franziska-t

    @Nicoletta: Ja, damit könntest du Recht haben. Ein ähnliches Problem gab’s ja auch schon bei STAR TREK INTO DARKNESS. Da gab es so viel Spekulation im Vorfeld, dass es dann keine große Überraschung mehr war, wer John Harrison eigentlich ist. Das ist halt das Spannungsfeld, in dem sich die Verleiher befinden. Machen Sie zu viel Werbung, wird zu viel über den Film diskutiert und Plotpoints evtl. schon verraten. Macht man zu wenig Werbung, interessiert sich keiner für den Film. Ich finde aber Bond hat doch eigentlich keine Werbung mehr nötig. Sollen die das Geld lieber für gute Schreiberlinge ausgeben.

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  • kalesco

    Also, sorry an die JB Fans und Sam Mendes Fans: ich fand den Film ganz furchtbar. komplett vorhersehbar – und ich bin nicht mal Bond Fan! Ziemlich langatmig, nervender Score bzw. Effekte, die einen auf „Jetzt ROMANTIK“ & „jetzt wohooo Reveal“ recht unsanft hingestoßen haben. Nicht nett hinterlegt und stimmungsunterstützend sondern so richtig mit Keule.
    Die Story, ein Graus, und klar macht James mal schnell eine Witwe klar (immerhin ausnahmsweise in seiner Altersklasse) und dann ein kleines blondes, wenn auch wehrhaftes, Mädchen dass sofort von großer Liebe spricht. Direkt nach Kampf auf Leben und Tod, „und was machen wir jetzt?“ – ja ne, is klar – hätten die Screenwriter das nicht etwas weniger plump machen können oder gilt das schon als Insiderwitz?
    Und spoilern werde ich hier wohl niemanden mehr – aber wenn man die Zündschnüre, die durchs ganze Gebäude, durch alle Gänge in denen James rumlief, verlegt waren, kappt – was würde dann wohl passieren? Hm.

    Nein, sorry, der Film ging gar nicht.

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