Ich weiss, du hast schon sehnlichst darauf gewartet, darum lasse ich dich nicht länger warten: Hier ist sie, die Kinostatistik 2023 – meine Auswertung aller Kinobesuche im vergangenen Jahr, angereichert mit allerlei unnützen Fakten und wichtigen Meinungen zum vergangenen Filmjahr. Neu dabei sind auch vereinzelte Filmkritiken und -Meinungen, die du mit einem Klick auf das Bild nachlesen kannst.
Also: Schnapp dir einen Kakao oder einen Punsch und lass dich von mir mitnehmen auf eine Reise durch mein persönliches, filmisches 2023.
Die vergangenen Ausgaben meiner Kinostatistik findet ihr alle hier:
2022 – 2021 – 2020 – 2019 – 2018 – 2017 – 2016 – 2015
Nach 10 Jahren habe ich in diesem Jahr tatsächlich meinen bisherigen Kinorekord mit 149 Kinotickets aus dem Jahr 2013 geknackt. Wirklich gefährlich wurde ich diesem Wert in den letzten Jahren nicht wirklich, am nächsten kam ich ihm noch 2022 mit 141 Kinobesuchen. Und nun gab es also 172 Kinoeintritte, das überrascht auch mich ein bisschen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so deutlich wird, 23 Tickets mehr als je zuvor sind schon eine ziemliche Nummer.
Dieser neue Rekord hat natürlich auch einen Einfluss auf den 100-Filme-Wert, also die Zeit, die ich brauchte, um 100 Filme gesehen zu haben. 2023 habe ich das in 252 Tagen erreicht, so schnell, wie noch nie. Der bisherige Spitzenreiter, das Jahr 2022 mit 267 Tagen für die ersten 100 Filme, liegt aber nur knapp dahinter.
In Bezug auf den Durchschnittswert der letzten 14 Jahre verbessere ich meine Quote gegenüber dem im Vorjahr errechneten Durchschnittswert1 noch einmal deutlich: Im Schnitt gehe ich 104.5 mal pro Jahr ins Kino.
Den bisherigen Rekord mit 149 Kinobesuchen habe ich schon ziemlich früh eingestellt, und zwar am 26. Oktober 2023 – also 70 Tage vor Jahresende – mit der Sichtung von «Wall-E» von Andrew Stanton. Und beinahe wäre es noch früher soweit gekommen, eigentlich wäre mein 149. Kinobesuch schon am 8. Oktober drangewesen. Der letzte Film, den ich an diesem Tag am Zurich Film Festival sehen wollte, hätte diesen Rekord knacken sollen. Doch daraus wurde leider nichts – wegen eines mentalen Zusammenbruchs musste ich mein Festival am letzten Tag und damit auch meinen Rekordfilm verschieben.
Zugegeben, das mit dem Zusammenbruch ist jetzt ein happiger Einstieg in diese Statistik.
Aber jeder Filmfan kennt es, dass private Umstände auch immer einen starken Einfluss auf die Filmliebe haben – und Krankheiten sowieso. Das war auch bei mir nicht anders, es war ein einschneidendes Ereignis, das mein Leben in jeder Hinsicht extrem auf den Kopf gestellt hat. Und wo wir schon dabei sind, lass uns doch ganz offen reden: Natürlich habe ich mich in den letzten Monaten, die von einem Burnout und starken Depressionen geprägt waren, auch immer wieder gefragt, ob ich es insbesondere mit meinen Kinobesuchen und all den Filmen übertrieben habe. 172 Filme in einem einzelnen Jahr, das ist schon sehr viel.
Hier bin ich inzwischen aber fest überzeugt, dass meine Liebe zu Film und Kino nicht der ausschlaggebende Grund für die Situation sind, in der ich mich befinde. Wahrscheinlich muss ich mir in der Zukunft ein bisschen besser überlegen, was ich gerne schauen möchte und was nicht – und mir noch mehr verzeihen, wenn ich bei all den Sachen etwas verpasse. So ein Zusammenbruch rückt selbstverständlich auch diesen Aspekt des Lebens in ein neues Licht. Trotzdem: Das Kino und Filme bereiten mir auch in einer – sagen wir’s wie es ist – beschissenen Phase in meinem Leben ungemein viel Freude. Und ich würde keinen dieser Kinobesuche missen wollen.
Okay, ausser vielleicht «Silent Night» von John Woo.
Wer mich kennt, weiss: Ich schaue im Kino längst nicht nur neue Filme. Gerade Programmkinos wie das Xenix und das Filmpodium in Zürich, aber auch das Stadtkino in Basel haben es mir angetan – dort entdecke ich nicht nur Klassiker sondern schaue auch gerne Filme, die ich bereits kenne noch einmal. Darum habe ich mich gefragt, wie viele der Filme, die ich in diesem Jahr gesehen habe, ich zum ersten Mal gesehen habe.
115 von 172 Kinobesuchen waren Erstsichtungen in diesem Jahr. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich mir 2023 immerhin 57 mal einen Film angeschaut habe, den ich bereits kenne. Das entspricht ziemlich genau einem Drittel der Kinobesuche.
Doch zurück zu den Erstsichtungen – speziell zu den Erstsichtungen von Filmen, die 2023 keinen regulären Kinostart/Release hatten oder im regulären Programm liefen – nennen wir sie «Klassiker». Ich möchte diese Filme entsprechend würdigen, weshalb ich im Folgenden eine Top 10 meiner liebsten «Klassiker» zusammengestellt habe, darunter einen Film, der mich im Kino gottlos zum Weinen gebracht hat. Nicht alle davon habe ich im Kino gesehen, aber alle habe ich zum ersten Mal geschaut.
«Memories of Murder» von Bong Joon-ho (2003)
«La vita è bella» von Roberto Benigni (1997)
«Victoria» von Sebastian Schipper (2015)
«Lady Bird» von Greta Gerwig (2017)
«In the Mood for Love» von Wong Kar-wai (2000)
«Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles» von Chantal Akerman (1975)
«The Handmaiden» von Park Chan-wook (2016)
«The Host» von Bong Joon-ho (2006)
«Wall-E» von Andrew Stanton (2008)
«Bottle Rocket» von Wes Anderson (1996)
(Die Idee mit der Top 10 der Erstsichtungen habe ich übrigens bei Oswald Iten abgeschaut)
Wenn man die einzelnen Monate miteinander vergleicht, dann stechen auch in diesem Jahr wieder der September mit 38 Kinobesuchen und der Oktober mit 27 Kinobesuchen heraus. Das liegt an den beiden Festivals, die ich in diesen Monaten besucht habe: Dem Fantoche in Baden im September und dem Zurich Film Festival, das Ende September und Anfang Oktober stattfand.
Beide Werte sind aber nicht rekordverdächtig – 2022 gab es im September 57 Kinobesuche und 2018 war ich im September 31 Mal im Kino.
Wenig überraschend haben sich auch am ZFF meine liebsten Kinotage herauskristallisiert: In jeweils 12 verschiedenen Jahren ging ich am 27. September2 und am 28. September3 ins Kino.
Wirkliche Ausreisser – sowohl nach oben als nach unten – gibt es ansonsten nicht, eigentlich ist alles sehr gleichmässig, mit einer zu erwartenden Steigung im kalten Februar und einer ebenso verständlichen Baisse im heissen August.
Ist es meine sadistische, oder doch eher meine masochistische Ader, die mich dazu bringt, Jahr für Jahr Prognosen für die kommenden Kinojahre zu wagen?
Wie dem auch sei: Basierend auf den bisherigen statistischen Werten versuche ich – selbstverständlich ausgehend davon, dass mein künftiges Kinoverhalten exakt gleich bleibt – zu errechnen, wann ich in den kommenden Jahren bestimmte Kinojubiläen feiern werde. «Unfug!», sagst du? Keinesfalls! Im letzten Jahr lag ich nämlich richtig mit meiner Prognose und schaute – wie vorhergesagt – am 22. Juni 2022 meinen 1200. Film. Ob mir das 2023 mit Kinobesuch 1300 wieder gelingen wollte?
Im Vorjahr orakelte prognostizierte ich an gleicher Stelle, dass mein 1300. Kinoticket am 30. Januar 2023 gelöst werden würde. Und tatsächlich lag ich beinahe wieder goldrichtig: Nur einen Tag vorher, am 29. Januar 2023 schaute ich mir nämlich «Eyes Wide Shut» von Stanley Kubrick an und löste damit Kinoticket 1300. Und auch meinen 1400. Kinobesuch gab es in diesem Jahr mit «Dream Scenario» von Kristoffer Borgli am – weil ich aber nicht an so viele Kinobesuche glaubte, habe ich mich 2022 vor einer Prognose für den 1400. Film gehütet. Bis Ende 2023 war ich insgesamt 1463 Mal im Kino. Meine Jubiläumsfilme bisher:
1000. Kinobesuch: «The Dead Don’t Die» von Jim Jarmusch (31. Juli 2019)
1100. Kinobesuch: «The Green Knight» von David Lowery (2. August 2021)
1200. Kinobesuch: «Last Night in Soho» von Edgar Wright (22. Juni 2022)
1300. Kinobesuch: «Eyes Wide Shut» von Stanley Kubrick (29. Januar 2023)
1400. Kinobesuch: «Dream Scenario» von Kristoffer Borgli (28. September 2023)
Wie geht es also weiter? Wenn wir die Kinobesuche der letzten zehn Jahre als Masstab nehmen, kommen wir auf einen Durchschnittswert von 3.28 Tagen, die zwischen den einzelnen Kinobesuchen liegen4. Das bringt mich zu folgender Prognose:
1500. Kinobesuch: 1. Mai 20245
1600. Kinobesuch: 25. März 2025
2000. Kinobesuch: 27. Oktober 20286
Noch stehen nicht viele Kinostarts für den kommenden Mai bevor, am Wahrscheinlichsten ist es, dass mich «The Fall Guy» von David Leitch dann ins Kino locken wird.
In diesem Jahr habe ich einen Film gleich viermal gesehen: Hayao Miyazakis (wahrscheinlich) letzter Film «The Boy and the Heron» hat mich wiederholt ins Kino gelockt. Ich finde, der Film braucht die Mehrfachsichtungen, damit er sich einem gänzlich erschliesst – liess er mich zunächst noch etwas verwirrt zurück, kann ich mich inzwischen sehr erwärmen für Miyazakis melancholischen Reiher–, äh Schwanengesang. Das letzte Mal, dass ich in einem Jahr einen Film viermal gesehen habe, war übrigens 2016 mit «Spectre» von Sam Mendes.
Immerhin drei Sichtungen gab es für den wunderbar einfachen und doch irgendwie komplexen «Barbie» von Greta Gerwig und gleich zwei Filme habe ich doppelt gesehen: Den herzigen norwegischen Animationsfilm «Titina» von Kajsa Næss und den wirren Kult-Unfug «Globi und der Schattenräuber» von Robi Engler, dem ich in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Fantoche sowie dem Kino Riffraff zwei Sondervorstellungen zum 20. Geburtstag spendiert habe.
Auch wenn hier Kurzfilme eigentlich nicht wirklich stattfinden, möchte ich an dieser Stelle noch herausstreichen, dass es auch einen Kurzfilm gab, den ich 2023 ganze 4 mal im Kino gesehen habe: «Armat» von Élodie Dermange, der an den Solothurner Filmtagen und am Internationalen Trickfilm-Festival Stuttgart lief, und den ich zudem zweimal am Fantoche sah.
Auch meine All-Zeit-Most-Watched-Liste wird in diesem Jahr ein bisschen aufgemischt: Es gibt mit «SkyFall» von Sam Mendes unter anderem einen neuen Co-Spitzenreiter, der sich zum bisherigen alleinigen Titelhalter «Star Wars: Episode VII – The Force Awakens» von J.J. Abrams gesellt. Beide habe ich jeweils achtmal gesehen. Den James Bond-Film habe ich in 6 verschiedenen Jahren gesehen: 2012, 2013, 2019, 2020, 2021 und nun 2023 – wenig überraschend ist das Rekord.
Auch auf den hinteren Rängen tut sich etwas, auch Mendes‘ «SkyFall»-Nachfolger «Spectre» und die beiden Hayao-Miyazaki-Filme «Nausicaä of the Valley of the Wind» und «Princess Mononoke» rücken je einen Platz nach vorne. Neu dabei sind zudem gleich drei weitere Filme von Miyazaki: «Ponyo», «The Wind Rises» und «The Boy and the Heron». Ebenfalls neu in diesem Ranking dabei ist «Interstellar» von Christopher Nolan, von dem zudem auch noch «Inception» einen Platz vorrückt. Nolan hat damit vier Filme in dieser Liste – einen weniger als Miyazaki, der gleich fünfmal vertreten ist.
- Star Wars: Episode VII – The Force Awakens, SkyFall (8 Sichtungen)
- The Dark Knight, The Dark Knight Rises, Spectre, Inception (6 Sichtungen)
- Mad Max: Fury Road, Princess Mononoke, Nausicaä of the Valley of the Wind (5 Sichtungen)
- The Hobbit: The Desolation of Smaug, The Avengers, Jurassic World, Monsters University, The Worst Person in the World, Interstellar, The Wind Rises, Ponyo, The Boy and the Heron (4 Sichtungen)
Vor einigen Jahren freute ich mich noch über jede kleine News zu neuen Marvel-, «Star Wars»- und Pixar-Filmen, 2015 reiste ich gar für «Star Wars: Episode VII – The Force Awakens» von J.J. Abrams nach London. Inzwischen habe ich aber offen gesagt auch die Schnauze voll von wirren und schlecht ausgeleuchteten Superheld*innen-Abenteuern und plumpen Animationsfilmen, und dass wir nun schon vier Jahre vor einem neuen «Star Wars»-Film verschont blieben, ist wirklich etwas, worüber wir uns freuen sollten. Aber nicht nur Disney ist inzwischen zu einer seelenlosen Geldmaschine geworden, auch Warner Bros. und seine DC-Held*innen oder Universal mit den «Fast & Furious»- und «Jurassic World»-Filmen machen mir keine Freude mehr.
Wozu also tue ich mir das alles überhaupt noch an? «The poet must not avert his eyes», sagte Werner Herzog einmal. Und tatsächlich: Wenn ich kritisieren möchte, was mit den grossen (und immer noch erfolgreichen Filmen) unserer Zeit schiefläuft, muss ich sie auch sehen. Erst, wer «Ant-Man and the Wasp: Quantumania» von Peyton Reed gesehen hat, weiss, was mit «Ant-Man and the Wasp: Quantumania» falsch ist. Und tatsächlich habe ich seit 2008 – also den ersten beiden Marvel-Filmen «Iron Man» von Jon Favreau und «The Incredible Hulk» von Louis Leterrier – keinen Film dieser Franchise mehr verpasst.
In diesem Jahr habe ich auch wieder meinen jährlichen James Bond-Film im Kino gesehen – tatsächlich waren es sogar deren vier: «Quantum of Solace» von Marc Forster, «SkyFall» und «Spectre» von Sam Mendes, sowie «No Time to Die» von Cary Joji Fukunaga, die im Filmpodium als Teil der Daniel-Craig-Mini-Retrospektive gezeigt wurde. Und ja, «Casino Royale» von Martin Campbell habe ich wirklich verpasst. Schande über mich. Trotz dieses kleinen Schnitzers habe ich damit seit 2019 jedes Jahr mindestens einen Bond-Film auf Grossleinwand erlebt und mir so meine James Bond-Fanclub-Mitgliedschaft redlich verdient.
Zwei andere Franchises habe ich 2023 dafür sogar komplett im Kino gesehen: «Indiana Jones», von dem ich im Februar alle vier alten Filme als Marathon in Brugg gesehen hab, gefolgt vom neuen Film im Juni – und «The Lord of the Rings», ebenfalls als Kino-Marathon im Mai.
2023 habe ich zudem sowohl «In the Mood for Love» von Wong Kar-Wai gesehen als auch dessen (weniger gelungenen) Nachfolger «2046». Und natürlich gabs auch beide Teile der «Fieser Animations-Reiher»-Franchise – «The Boy and the Heron» von Hayao Miyazaki und «Migration» von Benjamin Renner – im Kino.
Und passenderweise bringt uns das zu den «Buzzwords», also den wichtigsten Begriffen. Ich habe alle Titel gesehener Filme in einen Generator geworfen und geschaut, welche Worte am Meisten vorkommen. Dabei wurde jeder Titel nur einmal verwendet, auch wenn ich den Film mehrfach gesehen habe. Neben den wenig überraschenden Partikeln und Pronomen wie «the» (56x), «of» (20x) und «and» (6x) stechen aber auch Begriffe wie «Indiana» und «Jones» (je 4x) und «Lord» (3x) und «Ring» bzw. «Rings» (4x) heraus – warum wird nach Lektüre des vorherigen Abschnittes deutlich.
Ich habe versucht, aus allen mindestens zweimal vorkommenden7 Hauptwörtern, Eigennamen, Adverben und Adjektiven vier Filmtitel zu erstellen.
Falls Harrison Ford es doch noch einmal wissen will, steht der Titel für Indiana Jones bereits.
Die Toten vergessen nie, das wissen auch die Tolkien-Erben.
Irgendein verschrobenes Coming of Age-Drama, das in Sundance gross abräumt und hierzulande knapp 5 Leute ins Kino lockt.
Das langerwartete Sequel zum Silvester-Klassiker.
Für wen gehe ich am meisten ins Kino? Die Frage ist jedes Jahr dieselbe, und die Antwort… irgendwie auch: Hayao Miyazaki (9 gesehene Filme) und Steven Spielberg (6 gesehene Filme) landen in diesem Jahr auf den ersten beiden Plätzen. Beide waren schon in früheren Jahren Spitzenreiter: Für Miyazaki ist es das vierte Jahr8 in den Top 3, für Spielberg das dritte Mal9.
Mit 9 Filmen (und 12 Kinobesuchen, da ich «The Boy and the Heron» viermal gesehen habe) schlägt Miyazaki auch den Rekord der meisten Filme, die ich von einer einzelnen Person in einem Jahr im Kino gesehen habe. Bisheriger Titelträger war er selber, zusammen mit – wen wundert’s: Steven Spielberg. Von beiden hatte ich 2015 bzw. 2018 8 Filme gesehen. Interessant ist, dass sich die 12 Miyazaki-Kinobesuche auf ganz viele verschiedene Kinos, Vereine und Initiativen verteilen, die es sich 2023 alle zur Aufgabe gemacht haben, die früheren Animes des japanischen Regisseurs im Kino zu zeigen:
«Spirited Away» wurde vom Verein Cinépassion zurück ins Kino gebracht und mit einem spannenden psychoanalytischen Vortrag eingeordnet, für «Ponyo» war der Animittwoch der Kultmoviegang verantwortlich, «The Castle of Cagliostro» lief im Filmpodium als Teil der Satoshi-Kon-Reihe, «Castle in the Sky», «Howl’s Moving Castle» und «The Wind Rises» war Teil des Miyazaki-Monatsprogramms im Kino Nische, «Princess Mononoke» landete dank The Ones We Love wieder im Riffraff, ebenso wie «Nausicaä of the Valley of the Wind», der als Auftakt zum Kinostart von «The Boy and the Heron» lief, den ich wiederum einmal am Zurich Film Festival gesehen habe und dreimal regulär im Kino.
Bei Steven Spielberg ist die Aufschlüsselung etwas einfacher: 4 Kinobesuche gehen auf den «Indiana Jones»-Marathon im Kino Excelsior in Brugg, «War of the Worlds» lief im Xenix als Teil der Tom Cruise-Retrospektive und «The Fablemans» kam 2023 bekanntlich ganz regulär ins Kino.
Auf Platz 3 landet mit jeweils 3 Filmen und somit deutlichem Abstand eine ganze Schar weiterer Männer: Wes Anderson («Bottle Rocket», «The Life Aquatic of Steve Zissou», «Asteroid City»), Leos Carax («Mauvais Sang», «Les amants du Pont-Neuf», «Holy Motors»), Peter Jackson («The Lord of the Rings»-Trilogie), Sam Mendes («SkyFall», «Spectre», «Empire of Light») und Christopher Nolan («Inception», «Interstellar», «Oppenheimer»).
Die erste Frau folgt erst später: Greta Gerwig, von der ich 2023 zwar nur 2 Filme gesehen habe – «Lady Bird» und «Barbie» –, diese dafür dank der Dreifachsichtung von Letzterem insgesamt viermal. Mehr (Ernüchterndes) dazu an späterer Stelle.
In diesem Jahr möchte ich erstmals dasselbe Spiel auch mit den Personen vor der Kamera machen. Was dabei auffällt ist, dass die beiden Marathons, die ich 2023 im Kino gesehen habe – «Indiana Jones» und «The Lord of the Rings» – eine entscheidende Rolle dabei spielen, wer sich hier durchsetzt. Schauspieler*innen, die in beiden Franchises zu sehen waren, haben in diesem Jahr nämlich die besten Karten.
Und darum teilen sich Cate Blanchett und John Rhys-Davies mit je 6 Filmen auch den ersten Platz. Beide waren jeweils in allen drei Filmen von Peter Jacksons «The Lord of the Rings»-Trilogie zu sehen, als Galadriel und Gimli, respektive. Bei Rhys-Davies kommen zusätzlich noch drei «Indiana Jones»-Filme10 als Sallah dazu, bei Cate Blanchett nur einer («Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull» von Steven Spielberg, als Irina Spalko). Ihre weiteren Filme sind «The Life Aquatic of Steve Zissou» von Wes Anderson und der dieses Jahr angelaufene «TÁR» von Todd Field.
Platz 2 geht an Harrison Ford mit 5 Filmen, und ja, du hast es richtig vermutet: Es sind sämtliche fünf «Indiana Jones»-Teile. Den Platz muss er sich jedoch teilen – und hier wird es besonders – mit einer Person, deren Namen ich vor Kurzem nicht einmal gekannt habe: Ryūnosuke Kamiki ist ebenfalls in 5 Filmen, die ich dieses Jahr gesehen habe, zu sehen. Oder besser gesagt, zu sehen und zu hören. Der Hauptdarsteller aus dem fantastischen «Godzilla Minus One» ist nämlich ein etablierter Synchronsprecher, der unter anderem in «Spirited Away» als Boh (das grosse Baby), «Howl’s Moving Castle» als Markl, «Your Name» als Taki Tachibana und «Suzume» als Tomoya Serizawa zu hören ist. Und jetzt rate mal, welche vier Filme ich 2023 alle im Kino gesehen habe? Bingo.
Wenn man alle Kinobesuche zusammenzählt, habe ich 2023 – Werbung, Vorspann und Pause ausgenommen – ganze 19’383 Minuten im Kino verbracht. Das sind 323 Stunden, 13.4 Tage – oder 5238 Wiederholungen von «I’m Just Ken» aus «Barbie».
Das ist wenig überraschend ein neuer Höchstwert. Wenn man die Kurzfilmprogramme weglässt, dann dauerte der durchschnittliche Kinofilm 115 Minuten und 35 Sekunden. Das entspricht exakt dem Vorjahreswert, was insofern überrascht, als dass ich erwartet habe, dass es höher wird. Schliesslich habe ich in diesem Jahr 5 der 10 längsten Filme, die ich je gesehen habe, im Kino geschaut habe:
«The Killers of the Flower Moon» von Martin Scorsese (206 Minuten), «Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles» von Chantal Akerman (202 Minuten), «The Lord of the Rings: Return of the King» von Peter Jackson (201 Minuten), «Avatar: The Way of Water» von James Cameron (191 Minuten) und «Babylon» von Damien Chazelle (189 Minuten). Und da ist «Oppenheimer» von Christopher Nolan (180 Minuten) nicht einmal mitgerechnet.
Gleichzeitig gab es aber auch einige sehr kurze Filme, darunter Denis Dos fast schon kurzfilmlanger «La forêt de Mademoiselle Tang» (40 Minuten) oder die alten Schweizer Kinderfilme «Anna annA» von Jürgen Brauer und Greti Kläy (71 Minuten) und «Globi und der Schattenräuber» von Robi Engler (72 Minuten).
So oder so war 2023 ein gutes Jahr für das Hollywood-Genre «Grosse Männer machen lange Filme über grosse Männer». Tatsächlich sass ich bei Filmen, bei denen Männer alleine Regie führten im Schnitt 117 Minuten im Kinosessel, bei Filmen, bei denen FINTA*11-Personen auf dem Regiestuhl sassen nur 108 Minuten und 10 Sekunden.
Ja, dann reden wir doch über die nicht-cis-männlichen Filmemacher*innen.
Das Zurich Film Festival entfernte in diesem Jahr aus seiner Statistik klammheimlich den Anteil weiblicher12 Filmschaffender in seinem Programm, weil die Zahl nicht wirklich ruhmreich gewesen wäre – und ich sage es ganz offen: Gerne hätte ich das auch gemacht. Denn wirklich berauschend sieht es auch bei mir nicht aus.
Anteil Filme von FINTA* (weiss).
Nur gerade 29 Kinotickets habe ich für Filme von FINTA*-Personen gelöst – das ist zwar der grösste Anteil bisher, in Anbetracht des allgemeinen Rekordwerts sonst ist das aber auch wenig überraschend. Wenn man alle Kurzfilmprogramme weglässt konnte ich meinen Wert mit 18.12 Prozent gegenüber dem Vorjahr (18.05 Prozent) tatsächlich leicht verbessern, aber ein Wert von weniger als jedem fünften Kinoticket für eine FINTA*-Person ist wirklich nicht genügend – insbesondere, wenn drei dieser Filme in Co-Regie mit einem Mann entstanden sind und vier der Tickets für Zweitsichtungen13 gelöst wurden.
Jedes Jahr mache ich dasselbe Spiel auch mit den animierten Filmen – wieviele der 172 Tickets wurden für Animationsfilme gelöst? Im Vorjahr lag der Wert bei 19.8 Prozent animierter Filme – und tatsächlich habe ich diese Zahl 2023 locker getoppt. 29 Prozent der Filme, die ich in diesem Jahr gesehen habe waren animiert, insgesamt waren es 50 Kinotickets. Dabei habe ich mich auch dazu entschieden «Aggro Dr1ft» von Harmony Korine zu den Animationsfilme dazuzurechnen, was sicher eine Entscheidung ist, zu der es auch andere Meinungen gibt.
Anteil animierter Filme (weiss).
50 animierte Filme, das tut meinem Animationsherz sehr gut. Das liegt aber auch daran, dass ich in diesem Jahr an zwei Animationsfestivals war, insgesamt 12 Mal für Hayao Miyazaki im Kino war und es auch sonst ein sehr stabiles Animationsjahr war mit Highlights wie «Spider-Man: Across the Spider-Verse» von Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson oder «Suzume» von Makoto Shinkai.
Seit ich nicht mehr im Kino arbeite, wo ich praktisch alle Filme gratis schauen konnte, sind meine Ausgaben fürs Kino deutlich gestiegen – also seit 2017. Auch 2023 sind sie mit 825.90 Franken zwar immer noch relativ hoch, auch wenn sie gegenüber dem Vorjahreswert (876.90) leicht gesunken sind. Im Schnitt habe ich noch 4.80 Franken für ein Kinoticket ausgegeben – das ist der tiefste Wert seit 2017, als ich nicht mehr im Kino gearbeitet habe und viele Filme gratis schauen durfte.
Und bevor jetzt jemand schimpft: Ja, natürlich darf ich noch immer gratis ins Kino. Sehr oft sogar. Ich beschwere mich ja auch gar nicht. Für meine Arbeit als Journalist oder bei der Mitarbeit an Festivals konnte ich immerhin 109 Mal kostenlos Filme schauen. Wenn ich nur die Kinotickets, für die ich bezahlt habe, beachte, dann habe ich im Schnitt 13.11 Franken für ein Kinoticket bezahlt.
Im letzten Jahr wertete ich meine Kinobesuche erstmals nach Standorten aus, und dabei machte wenig überraschend Zürich das Rennen. Das bleibt auch in diesem Jahr so: 136 Kinotickets habe ich in meiner Heimatstadt gelöst – das ist genau die Hälfte aller Eintritte in diesem Jahr. Platz 2 geht nach Baden, wo ich am Fantoche insgesamt 10 Tickets gelöst habe und auch Platz 3 ist einem Festival geschuldet: Am Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart war ich immerhin sechsmal im Kino. 5 Kinobesuche gab es für Bern, und 4 Tickets habe ich in Brugg gelöst (dem Indiana-Jones-Marathon sei dank).
2022 war das Kino, das ich am meisten besucht habe das Kosmos in Zürich mit 26 Eintritten. Da das Kino im letzten Dezember Konkurs ging und erst im Herbst diesen Jahres – unter dem neuen Namen Frame – wiedereröffnete, bin ich ein bisschen überrascht, dass sich das neue, alte Kosmos auch 2023 wieder an die Spitze meiner Kino-Charts setzen konnte, diesmal sogar mit 31 Eintritten. Wenn man sich diese aber etwas genauer anschaut, merkt man, dass 29 davon auf das Zurich Film Festival – das neu das Kino führt – entfallen und ich nur zweimal regulär zu Besuch war. Denn so sehr ich die moderne Infrastruktur des Kosmos-Frame schätze, irritiert es mich, wie ungelenk sich das ZFF als neue Betreiberin präsentiert und bestehende Dynamiken im Kinomarkt nicht wahrhaben will. Die Hoffnung bleibt, dass die nun erfolgte Kurskorrektur das Frame dereinst zu einem Kino macht, in das ich nicht nur der Sääle wegen wieder gerne gehe.
Immerhin 24 Kinobesuche gab es für das Riffraff in Zürich, in dem ich unter anderem den «Globi»-Film präsentiert, sowie im Movie Fight Club über «The Whale», «Barbie» und «The Boy and the Heron» gestritten habe. 15 respektive 14 Kinobesuche gab es in den beiden Zürcher Programmkinos Xenix und Filmpodium, in denen ich unzählige Filme (wieder-)entdeckt habe.
Neben dem bereits erwähnten Trafo in Baden mit 10 Eintritten und dem Gloria in Stuttgart mit 6 Eintritten folgen auf den weiteren Plätzen vier Zürcher Kinos der Blue Cinemas: Das Abaton mit ebenfalls 10 Besuchen, das Metropol mit 8 Besuchen, das Corso mit 7 Besuchen und das Capitol mit 6 Besuchen. Immerhin 4 Eintritte habe ich für das Piccadilly in Zürich gelöst, sowie für das Stadtkino in Basel – wo ich als Besitzer einer Kinokarte eindeutig öfter einkehren sollte.
Ich weiss, ich weiss. Du hast sehnlichst darauf gewartet, und hier ist sie: Die Liste meiner Lieblingsfilme in diesem Jahr.
In diesem Jahr fiel es mir besonders schwer, weshalb ich die ganze Top 30 auf Letterboxd gepackt habe.
(Filme, die ich nicht im Kino gesehen habe, sind kursiv.)
1. «The Zone of Interest» von Jonathan Glazer14
2. «Past Lives» von Céline Song
3. «Barbie» von Greta Gerwig
4. «The Breaking Ice» von Anthony Chen15
5. «Feminism WTF» von Katharina Mückstein
6. «The Boy and the Heron» von Hayao Miyazaki
7. «Godzilla Minus One» von Takashi Yamazaki
8. «Monster» von Hirokazu Kore-eda16
9. «Poor Things» von Yorgos Lanthimos17
10. «Orlando, ma biographie politique» von Paul B. Preciado
Special Mentions: «Spider-Man: Across the Spider-Verse» von Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson, «The Holdovers» von Alexander Payne18, «They Cloned Tyrone» von Juel Taylor, «Maestro» von Bradley Cooper und «Asteroid City» von Wes Anderson.
Weitere Best-Of-Listen, die ich empfehlen kann: Michael Bohli, Luca Bruno, Cornelia Hüsser, Oswald Iten, Sven Martens, Alan Mattli, Alex Matzkeit, Lorenz Ruesch, Christoph Schelb, Gregor Schenker, Elena Stern, Vanessa Zallot
«Aquaman and the Lost Kingdom» von James Wan, «20 Days in Mariupol» von Mstyslav Chernov, «Beau is Afraid» von Ari Aster, «BlackBerry» von Matt Johnson, «Fallen Leaves» von Aki Kaurismäki, «Creed III» von Michael B. Jordan, «Ferrari» von Michael Mann, «Foudre» von Carmen Jaquier, «The Flash» von Andy Muschietti, «Fremont» von Babak Jalali, «Gran Turismo» von Neill Blomkamp, «A Haunting in Venice» von Kenneth Branagh, «The Hunger Games: The Ballad of Songbirds & Snakes» von Francis Lawrence, «Infinity Pool» von Brandon Cronenberg, «The Killer» von David Fincher, «Das Lehrerzimmer» von İlker Çatak, «May December» von Todd Haynes, «Napoleon» von Ridley Scott, «Priscilla» von Sofia Coppola, «Saint Omer» von Alice Diop, «Shazam! Fury of the Gods» von David F. Sandberg, «To Catch a Killer» von Damián Szifron, «Transformers: Rise of the Beasts» von Steven Caple Jr., «Wonka» von Paul King.
- Der Älteste: «Citizen Kane» von Orson Welles (1941)
- Der Erste: «I Wanna Dance With Somebody» von Kasi Lemmons (5. Januar 2023)
- Der Letzte: «The Boy and the Heron» von Hayao Miyazaki (27. Dezember 2023)
- Der Längste: «Killers of the Flower Moon» von Martin Scorsese (206 Minuten),
- Die Meisten: 6 Langfilme an einem Tag gab es bisher noch nie – die stabilen Anspielzeiten am Zurich Film Festival ermöglichten mir aber genau das am 29. September 202319
Korrektur vom 11. Februar 2024: Ein Kinobesuch für «Inception» von Christopher Nolan wurde in der ersten Version nicht berücksichtigt, dadurch haben sich einige Werte verändert.
Fussnoten
- 99.3 Kinobesuche pro Jahr
- 2008, 2012 – 2016, 2018 – 2023
- 2012 – 2023
- 1111 Kinobesuche in 3652 Tagen
- Im Vorjahr war die Prognose noch: 30. November 2024
- Im Vorjahr war die Prognose noch: 3. Juli 2029
- Varianten eines Wortes, wie zum Beispiel «Bird» und «Birds» zählten dabei als dasselbe Wort
- (2015, 2018, 2022 und 2023)
- (2017, 2018 und 2023)
- «Raiders of the Lost Ark», «Indiana Jones and the Last Crusade» und «Indiana Jones and the Dial of Destiny»
- Frauen, Inter Menschen, Nichtbinäre Menschen, Trans Menschen und Agender Menschen – kurz, alle nicht cis-männlichen Personen
- das ZFF kennt grösstenteils noch binäre Geschlechtskategorien
- zweimal «Barbie» von Greta Gerwig, «Past Lives» von Céline Song und «Titina» von Kajsa Næss
- Kinostart: 29. Februar 2024
- Kinostart: 8. Februar 2024
- Kinostart: 25. Januar 2024
- Kinostart: 18. Januar 2024
- Kinostart: 25. Januar 2024
- «Fingernails» von Christos Nikou, «Femme» von Sam H. Freeman und Ng Choon Ping, «Lonely» von Michele Pennetta, «Passages» von Ira Sachs, «Hopeless» von Kim Chang-hoon und «Aggro Dr1ft» von Harmony Korine