Sehr, sehr böse Zungen behaupten, dass die jährliche Kinostatistik mittlerweile der einzige Grund ist für mich, überhaupt noch ins Kino zu gehen. Das ist natürlich grober Unfug, aber nichtsdestotrotz ist es mir Jahr für Jahr aufs Neue ein Vergnügen, meine Kinobesuche auszuwerten und in einer grossen Rückschau abzuhandeln – diesmal sogar mit schicken Fussnoten. Wer das für ebenso interessant hält wie ich, ist herzlich eingeladen, sich das durchzulesen, allen anderen sei gesagt, dass ihnen lediglich einer der längsten Beiträge meines Blogs entgeht. Nochmal Glück gehabt. 😉
Die vergangenen Ausgaben findet ihr alle hier: 2017 – 2016 – 2015
Anzahl Kinobesuche
Beginnen wir mit etwas Erfreulichem: Der Rückgang an Kinobesuchen in den Vorjahren konnte zumindest ein wenig gestoppt werden und mit 138 Kinoeintritten verzeichne ich 2018 den zweithöchsten Wert aller Zeiten – nur 2013 sass ich öfters im Kino. 138 Tickets, das sind 20 mehr als im eher lausigen Vorjahr. Das entspricht einem Kinobesuch fast jeden dritten Tag (genauer jeden 2.64-ten Tag). Den Durchschnittswert von 108.667 Eintritten habe ich damit seit 2012 jedes Jahr überboten.
Dass ich diesen Wert ausgerechnet in jenem Jahr verzeichne, in dem ich mit meiner neuen Lebenssituation und dem Schritt in die Selbständigkeit eher wenig Zeit für Kino und Popcorn haben dürfte, erstaunt eigentlich nur auf den ersten Blick. Denn mitgerechnet sind bei diesen 138 Kinotickets auch jene von Filmfestivals, von denen ich 2018 auf Festivaltour nicht weniger als sechs besucht habe.
An Filmfestivals ist es generell einfacher, in kurzer Zeit viele Filme (oder Kurzfilmblöcke, dazu später mehr) zu schauen, weshalb man annehmen könnte, dass meine erhöhte Festivalpräsenz in diesem Jahr auch einen Einfluss auf die Zahlen haben dürfte. Tatsächlich kamen durch die sechs Festivals 2018 insgesamt 33 Tickets dazu. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es nur 15 Festivalkarten von zwei Festivals, die miteingerechnet wurden. Aber: Selbst wenn man diese Filmfestivaltickets der letzten beiden Jahre nicht mitzählen würde, wäre das aktuelle Jahr (105 statt 138 Tickets) noch immer erfolgreicher als 2017 (103 statt 118 Tickets).
Was hingegen nicht zu unterschätzen sein dürfte, sind die Kurzfilmblöcke, die generell weniger lang dauern als Spielfilme und von denen dann entsprechend auch mehr in einen Tag passen. So passiert etwa am Fantoche, als ich an einem Tag drei Filmblöcke, sowie zwei Langfilme geschaut habe. Man darf sich aber keine Illusionen machen: Auch wenn Kurzfilmblöcke generell kürzer dauern als Langfilme, so sind es doch viel mehr und vorallem verschiedene Eindrücke, die zu verarbeiten sind – und entsprechend würde ich einen Kurzfilmblock was Abnützung des Zuschauers angeht gleich gewichten wie einen Langfilm.
Monatsvergleich
Schaut man sich das Monat für Monat an, so fallen einmal mehr die Herbstmonate auf, an denen ich fast die Hälfte der Filme 2018 gesehen habe. Insgesamt 64 Kinobesuche gab es in den beiden Spitzenmonaten September und Oktober zusammen – das Fantoche und das Zurich Film Festival luden zusammen mit einigen anderen Festivals zu filmischer Völlerei im grauen Herbst – ein Angebot, das ich natürlich nicht ausschlug. Beide Monate bieten übrigens Spitzenwerte: Der September egalisiert den Monatsrekord von 2016, während die 31 Kinobesuche für den besten Oktober überhaupt sorgen.
Betrachtet man die Monatsübersicht im Vergleich zum Mittelwert der letzten vier Jahre (2015-2018, graue Linie), so ergeben sich nur wenige Abweichungen zum Durchschnitt. Der heisse Sommer hielt mich vom Kino fern, weshalb ein ohnehin schon schwacher Juni-Schnitt in diesem Jahr zwar noch zusätzlich unterboten wurde. Und auch der Juli war deutlich schwächer als der Mittelwert. Das wird im Gegenzug durch einen starken März und einen bombastischen Oktober locker ausgeglichen. Schön finde ich zudem, dass ich den Negativakzent im November (den ich der Übersättigung nach den vielen September-Oktober-Filmen zuschreibe) in diesem Jahr ein bisschen auffangen konnte.
Nummer 1000Seit 2010 bewahre ich meine Kinotickets auf. Mit allen Tickets zusammen stehe ich im Augenblick bei 978 Stück. Im letzten Jahr liess ich mich deshalb dazu verleiten, den Zeitpunkt meines 1000. Kinobesuchs zu prognostizieren.
Ausgehend vom Wert von 2017 kam ich so zum Schluss, dass mein 1000. Kinobesuch am 9. Mai 2019 stattfinden würde. Da ich in diesem Jahr aber öfter im Kino war als im Vorjahr, muss ich entsprechend auch meine Prognose anpassen. Wenn ich 2019 gleich oft ins Kino gehe wie in diesem Jahr, löse ich also meine 1000. Kinokarte bereits am 27. Februar 2019. Ein Blick in den Kinokalender verrät, dass dann etwa «Captain Marvel» anläuft, was besonders passend ist, da ich mit der letztjährigen Prognose noch auf den vierten «Avengers»-Film gesetzt hätte. Nun würde es halt einen Marvel-Film früher klappen.
Und weil wir schon dabei sind, hier noch ein paar angepeilte Jubiläen:
1200. Kinobesuch am 9. August 2020 (da sind momentan nur einige namenlose Studio-Blockbuster geplant)
1500. Kinobesuch am 11. Oktober 2022 (mit einer noch namenlosen Disney-Realverfilmung?)
2000. Kinobesuch am 26. Mai 2026
Weiter mag ich ehrlich gesagt gar nicht denken, denn allein schon bei der Vorstellung, dass ich in den nächsten 7 Jahren noch 1000 Kinotickets kaufen werde wird mir ein bisschen schwindelig…
Mehrfachsichtungen
Die Zeiten, in denen ich mal eben einen Film hundertfach anschaue, scheinen endgültig vorbei zu sein (es sei denn J.J. Abrams gelingt im kommenden Winter das Kunststück von «The Force Awakens» ein weiteres Mal – die Hoffnung stirbt zuletzt). Ich habe im aktuellen Jahr zwar keinen Film dreimal oder öfter geschaut, dafür aber gleich vier Streifen zweifach:
«Isle of Dogs» von Wes Anderson, «First Man» von Damien Chazelle, «Wolkenbruch» von Michael Steiner und schliesslich «Bohemian Rhapsody» von Bryan Singer. Die ersten beiden, weil ich sie für Maximum Cinema anmoderierte, nachdem ich sie zuvor schon gesehen hatte (und dann gleich im Kino sitzen blieb), und die letzten zwei, weil ich sie schändlicherweise ohne meine Freundin geschaut hatte und wir das dann nachholten.
Dennoch gibt es eine kleine Veränderung in meiner Ewigen Bestenliste, denn dank der Openair-Retrospektive im Xenix und somit meiner fünften Kinosichtung braust «Mad Max: Fury Road» auf den dritten Platz, den sich George Millers rasanter Fiebertraum nun mit «The Dark Knight» teilen darf. V8!
- Star Wars: Episode VII – The Force Awakens (8 Sichtungen)
- The Dark Knight Rises (6 Sichtungen)
- The Dark Knight, Mad Max: Fury Road (5 Sichtungen)
- Inception, The Avengers, The Hobbit: The Desolation of Smaug, Jurassic World, Monsters University, Spectre (4 Sichtungen)
Auch thematische Mehrfachsichtungen gab es in diesem Jahr: So habe ich drei Jurassic Park-Filme im Kino gesehen, alle vier Indiana Jones Filme (an einem Tag, mehr dazu später), zwei Star Wars-Filme, sowie sechs Superhelden-Filme (wovon glücklicherweise keiner «Venom» war).
Laufzeit
Wenn ein Film über zwei Stunden dauert, werde ich skeptisch. Am Liebsten habe ich meine Filme irgendwo um die 100-Minuten-Marke, aber Hollywood liefert leider nur selten auf Wunsch. In diesem Jahr galt aber durchaus: «Länger ist besser». Die rekordverdächtigen 188 Minuten von «Werk ohne Autor» etwa waren von Anfang bis Ende ein Genuss. Und auch «Once Upon A Time in the West» (175 Minuten) oder «Avengers: Infinity War» (149 Minuten) waren alles andere als zu lang geraten. Der umgekehrte Fall trifft ebenfalls zu: Der kürzeste Film, den ich 2018 gesehen habe, der gerade einmal 48-minütige Anime «The Shower» war leider eine völlige Enttäuschung.
Ganze 14’689 Minuten verbrachte ich in diesem Jahr mit Filmschauen, wenn man Vorspann und Pause nicht mitzählt. Das entspricht ein bisschen mehr als 10 Tagen, die ich im Kino verbracht habe. Wenn man das auf den einzelnen Film runterbricht (und dabei die ganzen kurzen Kurzfilmblöcke nicht mitzählt) ergibt das im Schnitt eine Filmdauer von exakt 115 Minuten, was gerade einmal 28 Sekunden über dem Vorjahres-Wert liegt. Hollywood kann also mitschreiben: Die optimale Filmlaufzeit liegt irgendwo zwischen 114 und 115 Minuten.
Das weiss auch Steven Spielberg, denn dessen «Raiders of the Lost Ark» dauert genau 115 Minuten und war im vergangenen Jahr der erste Film, den ich im Kino gesehen habe. Und damit zum nächsten Punkt:
Hall of Steven
Nachdem er sich im Vorjahr bereits die Krone geschnappt hat, ist Steven Spielberg auch 2018 der Filmemacher, von dem ich die meisten verschiedenen Filme gesehen habe: Gleich achtmal war ich für den amerikanischen Regiemaestro im Kino, was ein neuer Rekord ist (bislang lag dieser bei 7 Filmen von Hayao Miyazaki im Jahr 2015).
Das Witzige an diesem Rekord ist, dass Spielberg bereits am 2. Januar 2018 praktisch als Gewinner feststand. Das Xenix eröffnete das Jahr am Neujahrstag nämlich mit einem Indiana-Jones-Marathon und doppelte tags darauf mit einer Double Feature der ersten beiden Jurassic Park-Filme nach. Mit dem gottsjämmerlichen «Ready Player One» sowie dem eindrücklichen «The Post» komplettierte ich mein spielberg’sches 2018.
Auch die Zweit- und Drittplatzierten Herren sind an dieser Stelle keine Unbekannten: Hayao Miyazaki, von dem ich dieses Jahr, dem Kino Nische sei dank, drei Filme sehen durfte, war wie gesagt schon 2015 der Gewinner. Yorgos Lanthimos war im vergangenen Jahr sogar mit vier Filmen vertreten, dieses Jahr gibt es für den schrägen Griechen nur gerade zwei: «The Killing of a Sacred Deer» und «The Favourite».
Da es sich dabei aber bei beiden Filmen um neue Werke handelt, ergattert sich Lanthimos – wie auch Steven Spielberg – einen der begehrten Plätze in der Ruhmesliste jener Filmemacher, von denen ich in einem Jahr zwei neue Filme gesehen habe. Ebenfalls dabei sind Denis Villeneuve (2017), David Yates (2016) und Ridley Scott (2015).
Animationsfilme
Wem es – wie mir – ein Anliegen ist, dass Animationsfilm mehr gewürdigt wird, der muss selbstverständlich mit gutem Beispiel vorangehen. Darum schaue ich auch jedes Jahr meiner Trickfilmliebe auf die Finger und rechne aus, wieviele der Tickets für Animationsfilme waren. Im vergangenen Jahr komme ich so auf insgesamt 34, was ein neuer Rekordwert ist. Mitgezählt sind dabei nicht nur animierte Langfilme, sondern auch Filmblöcke an Festivals die rein aus Animationsfilmen bestehen. In diesem Jahr waren das gerade einmal 14, womit immer noch 20 Tickets für Langspielfilme bleiben.
34 Animationsfilme auf 138 Kinoeintritte ergibt einen Anteil von fast einem Viertel – genauer 24.6% – womit ich auch in dieser Hinsicht rekordmässig unterwegs bin.
In diesem Jahr kann ich auch nicht von mir sagen, dass ich irgendeinen Animationsfilm, den ich gern hätte sehen wollen verpasst habe. Selbst wenn ich «The Incredibles 2» erst ganz spät (am 30. Dezember auf deutsch und als einzige Person im Kino) nachgeholt habe, so konnte ich doch alle Filme, die mich interessiert haben und irgendwann bei uns erschienen sind, sehen.
Kosten
Seit ich nicht mehr im Kino arbeite, und nicht mehr gratis Filme schauen kann, sind auch meine Ticketkosten rapide angestiegen. Interessanterweise ging der Betrag in diesem Jahr aber ein bisschen zurück, und ich habe für alle meine Kinotickets noch 692.10 Franken ausgegeben. Das dürfte unter Anderem auch daran liegen, dass ich die meisten Filme an Festivals geschaut habe, an denen ich entweder akkreditiert oder eingeladen war. Überraschend ist es dennoch, dass ich trotz mehr Filme weniger bezahlt habe.
Wenn man diesen Betrag runterbricht, habe ich für den einzelnen Film gerade einmal läppische 5.01 Franken bezahlt, was bestenfalls dem Ticketpreis am «Tag des Kinos» entspricht. In Zürich, wo ein normales Ticket kaum für unter 14 Franken zu haben ist, ist das also ein völlig solider Wert.
Die teuersten Tickets kaufte ich mir, wie schon in den Vorjahren, fürs KKL in Luzern. Dort führen das 21st Century Orchestra und das „neue“ City Light Orchestra ihre Live-Filmmusikkonzerte auf, was entsprechend auch mit teureren Ticketpreisen verbunden ist. Unter 80.00 Franken bekommt man da kaum eine gute Karte, doch das ist es auf jeden Fall wert.
Nachtrag 2. Januar: Kleine Zahlenkorrektur bei der Laufzeit von «Avengers: Infinity War» und entsprechende Anpassung des Durchschnittswerts.
Nachtrag 31. Dezember: Die durchschnittliche Laufzeit wurde falsch angegeben.
Nachtrag vom 27. Dezember 2023: Die Mehrfachsichtungen von The Hobbit: The Desolation of Smaug wurden nachgetragen. Ausserdem wurde die Prognose aufgrund drei in Vorjahren vergessenen Filmen angepasst.